Friedrichs Freunde

Romantik in Dresden

Diese Präsentation entführt Sie in die Welt der Dresdner Romantik, in der Caspar David Friedrichs Schaffen und Einfluss im Zentrum stehen.
Die Reise beginnt mit den Vorläufern wie Adrian Zingg und Christoph Nathe, deren Werke die Basis für diese Epoche legten.
Anschließend werfen wir einen Blick auf den Kreis um Friedrich, mit Künstlern wie August Heinrich, Gustav Otto Müller und Georg Emil Libert, die seine Motive aufgriffen und veränderten.
Besonderes Augenmerk gilt Johan Christian Dahl, Friedrichs enger Malerfreund, dessen naturgetreue Landschaften neue Impulse setzten. Dahls Schüler, wie Tomas Fearnley und Ernst Ferdinand Oehme, vereinen das Romantische mit dem Realistischen und zeigen, wie vielfältig diese Strömung sein konnte. Weiter geht die Reise in den Süden, wo Künstler wie Heinrich Franz Dreber und Carl Robert Kummer das Licht und die Farben Italiens einfingen und so die Stimmung von Moll zu Dur wechselte.
Zum Schluss widmen wir uns dem romantischen Porträt und der Frage, wie es Künstlern gelang, die äußere Erscheinung und die innere Welt des Menschen im Porträt zusammenzubringen.
Freuen Sie sich auf eine inspirierende Entdeckungsreise durch die Dresdner Romantik – immer begleitet vom Geist Caspar David Friedrichs.

"Luft und Wasser schmelzen ineinander,
und so scheint die Welt [...] in Glanz und Licht sich aufzulösen und zu entkörpern"
Johann Gottlob von Quandt

VORSPANN Wo alles begann

Dresden, das Florenz der Elbe

Es ist Markttag in der Residenzstadt. Die Marktbuden drängen sich dicht an dicht, Menschen füllen den Platz, Weinhändler entladen Fässer und Lastenträger warten auf Aufträge. Eine höfische Kutsche verlässt das Rathaus. Das lebendige Treiben der Stadt wird durch das leicht flirrende „Vibrato“ des Radierstils eindrucksvoll eingefangen. Diese großformatige Stadtansicht von Dresden zeigt die dynamische Atmosphäre, die auch die Kunstszene und die Freundeskreise von Caspar David Friedrich prägten.
Dresden war Heimat zahlreicher Künstlergemeinschaften und Salons. Schon vor Friedrichs Ankunft, Ende des
18. Jahrhunderts zählte Dresden zu den prächtigsten Residenzen Europas und war eine Kulturmetropole von europäischem Rang.

Bernardo Bellotto, genannt Canaletto (1722 Venedig–1780 Warschau), Ansicht des Alten Marktes in Dresden, 1752, Radierung

Bernardo Bellotto, genannt Canaletto (1722 Venedig–1780 Warschau), Ansicht des Alten Marktes in Dresden, 1752, Radierung

1. Vor Caspar David Friedrich

Die Wegbereiter der Dresdner Romantik

Die künstlerische Erkundung der Dresdner Umgebung im
18. Jahrhundert war entscheidend für die Entwicklung der Romantik und der Landschaftsmalerei in Sachsen. Maler wie Christoph Nathe (1753–1806) erfassten die Landschaft bei Ausflügen rund um Dresden in Gemälden und Zeichnungen. Ein Beispiel aus dem Jahr 1783 mit dem Titel Lausitzer Landschaft zeigt eine hügelige Landschaft mit Gehöften und Bäumen. Nathes Werke zeichnen sich durch eine harmonische Komposition aus, die Nähe und Ferne geschickt miteinander verbindet.
Obwohl die Komposition noch von der Tradition des
18. Jahrhunderts geprägt ist, verweist die zarte Aquarellierung bereits auf eine neue, romantische Auffassung.

Von der klassizistischen Komposition
zur romantischen Stimmung

Ähnlich wie Nathe spielte auch Adrian Zingg (1734–1816) eine zentrale Rolle in der Entwicklung der sächsischen Landschaftsmalerei. Der gebürtige Schweizer kam 1766 nach Dresden und gilt als Pionier der topografischen Darstellung der sächsischen und böhmischen Landschaft, die maßgeblichen Einfluss auf die Romantik hatte. Auch Zingg verband in seinen Arbeiten Nah- und Fernansichten zu einer ausgewogenen Komposition. Ein Beispiel seiner Zeichenkunst, die Flusslandschaft mit Fischern an einem Wasserfall zeigt Fischer am Flussufer eines sich schlängelnden Flusses, mit hügeligem Hintergrund, der an eine italienische Berglandschaft erinnert.

Beide Künstler setzen auf eine Kombination aus realistischer Beobachtung und idealisierten Landschaftselementen. Während Nathe den Übergang von der klassizistischen Tradition zur Romantik mit feiner Aquarelltechnik andeutet, entwickelt Zingg diesen Ansatz weiter, indem er das klassizistische Landschaftskonzept mit topografischer Präzision und romantischer Stimmung verknüpft. Ihre Werke markieren somit entscheidende Schritte auf dem Weg zur unverwechselbaren Dresdner Romantik, die später durch Caspar David Friedrich ihren Höhepunkt fand.

Ein stimmiges Nebeneinander
von nah und fern

Christoph Nathe (1753 Niederbielau – Schadewalde 1806): Lausitzer Landschaft, 1783, Tusche

Christoph Nathe (1753 Niederbielau – Schadewalde 1806): Lausitzer Landschaft, 1783, Tusche

Adrian Zingg (1734 St. Gallen – Leipzig 1816): Flusslandschaft mit Fischern an einem Wasserfall, um 1780, lavierte Federzeichnung

Adrian Zingg (1734 St. Gallen – Leipzig 1816): Flusslandschaft mit Fischern an einem Wasserfall, um 1780, lavierte Federzeichnung

2. Caspar David Friedrich
und sein Kreis

August Heinrich (1794 Dresden – Innsbruck 1822): Im Uttenwalder Grund, um 1820, Bleistift

August Heinrich (1794 Dresden – Innsbruck 1822): Im Uttenwalder Grund, um 1820, Bleistift

Realistische Darstellung versus poetische Tiefe

Einer der wenigen Atelierschüler Caspar David Friedrichs war der gebürtige Dresdner August Heinrich (1794–1822).

Heinrichs Gemälde, wie die um 1820 entstandene Partie aus dem Uttenwalder Grund, zeigt einen realistischen Zugang zur Natur, im Gegensatz zu Friedrichs symbolisch aufgeladenen Werken. Während Friedrich das Felsentor im Uttewalder Grund als Symbol des Todes und das dahinterliegende Licht als Zeichen der Erlösung darstellt, konzentriert sich Heinrich auf die sichtbare, erlebte Natur und den Weg durch die Schlucht.
Obwohl Heinrichs Arbeiten Parallelen zu Friedrichs Stil aufweisen, besonders in der detaillierten Darstellung von Felsen und Tannen, ist sein Ansatz weitaus realitätsnäher und verzichtet auf die symbolische Aufladung, die Friedrichs Werke prägt. Seine intensive Naturbeobachtung zeigt einen deutlichen Einfluss der Wiener Romantik.

Caspar David Friedrich: Das Felsentor im Uttewalder Grund, 1800

Caspar David Friedrich: Das Felsentor im Uttewalder Grund, 1800

Gustav Otto Müller (1827 Dresden – 1922): Sakristei der Klosterkirche auf dem Oybin, 1860, Öl

Gustav Otto Müller (1827 Dresden – 1922): Sakristei der Klosterkirche auf dem Oybin, 1860, Öl

Die Begeisterung für den Oybin

Der Oybin, eine Klosterruine auf dem gleichnamigen Berg, zählt zu den Motiven, die durch Friedrich tief im kollektiven Bildgedächtnis verankert wurden. Schon im 18. Jahrhundert war der Oybin ein Thema für Künstler, doch erst Friedrich verlieh ihm eine romantische Aura. Er sakralisierte die Ruine, insbesondere die Sakristei, und machte sie zu einer christlichen Allegorie der Vergänglichkeit.
Diese Darstellung erreichte in den 1820er Jahren ihren Höhepunkt in dem Gemälde Huttens Grab (siehe unten). Dennoch blieb Friedrichs religiös überhöhte Sichtweise eine Ausnahme. Bereits zu seinen Lebzeiten veränderte sich das Verständnis hin zu einer realistischeren, sachlicheren Betrachtung der Ruine, die weniger von religiöser Symbolik geprägt war.

Auch Gustav Otto Müller (18271922), der von 1842 bis 1846 an der Dresdner Akademie studierte, zeigt in seinen Werken eine realistische Prägung. Obwohl das Blau des Himmels noch an die romantische Tradition erinnert, überwiegt in Müllers Sakristei der Klosterkirche auf dem Oybin die nüchterne Beschreibung der Architektur. Er rückt die Sakristei als Ganzes in den Fokus und schafft dabei ein Nebeneinander von Innen- und Außenansicht.

Caspar David Friedrich: Huttens Grab, 1823/24

Caspar David Friedrich: Huttens Grab, 1823/24

Die Bausteine der Romantik

Am Meer steht ein steinzeitliches Hünengrab, beschützt von einer mächtigen Eiche, alles beschienen vom Mond, der im wolkenverhangenen Himmel aufleuchtet.

Auch wenn Friedrich nur wenige Schüler hatte und seine Kunst nach seinem Tod weitgehend vergessen wurde – seine Motivwelt lebte weiter. Mond, Meer, Grab und Eiche – der Däne Georg Emil Libert (1820–1908) hatte schon damals das Friedrich Prinzip verstanden und wusste die Bausteine der deutschen Romantik entsprechend in Szene zu setzen. Statt in die Natur zu gehen, setzte er sich ins Atelier und schaffte auf kleinstem Format stimmungsvolle Nachtstücke, wie Das Hünengrab bei Vollmond.

Georg Emil Libert (1820 Kopenhagen – 1908), Hünengrab bei Vollmond, nach 1850, Öl

Georg Emil Libert (1820 Kopenhagen – 1908), Hünengrab bei Vollmond, nach 1850, Öl

3. Ein neuer Impuls

Die Ankunft Johan Christian Dahls in Dresden

1818 kam der norwegische Maler Johan Christian Dahl (1788–1857) nach Dresden und erregte mit seinen beeindruckenden Gebirgslandschaften große Aufmerksamkeit. Seine naturalistische Malweise hob sich deutlich von der klassischen Akademieausbildung ab, die damals in Dresden vorherrschte. Dahls enge Freundschaft mit Caspar David Friedrich basierte auf einer gemeinsamen kritischen Haltung gegenüber der akademischen Lehre. Obwohl die beiden Künstler im selben Haus lebten und Dahl nach Friedrichs Tod dessen Nachlass verwaltete, unterschieden sich ihre künstlerischen Ansätze: Während Friedrich als Idealist galt, war Dahl der Naturalist.

Dahls Inspiration stammte sowohl aus der unmittelbaren Natur als auch aus den Landschaften niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts. Seine regelmäßigen Reisen nach Norwegen prägten viele seiner Werke, die oft dramatische, erhabene Landschaften zeigten.

Ein besonders eindrucksvolles Werk ist seine Norwegische Landschaft. Die düstere, aufgewühlte Stimmung, die durch den massiven Felsen und den starken Strom des Flusses erzeugt wird, lässt die Dramatik der norwegischen Natur spüren. Eine Mühle am Ufer, eingerahmt von Tannen, gibt dem Bild eine narrative Ebene, während der Blick des Betrachters auf ein majestätisches Gebirge gelenkt wird. Dahls malerischer Realismus schafft eine poetische, heroische Landschaft, die er als charakteristisch für seine norwegische Heimat empfand.

Johan Christian Dahl (1788 Bergen – Dresden 1857): Norwegische Landschaft, 1847, Öl

Johan Christian Dahl (1788 Bergen – Dresden 1857): Norwegische Landschaft, 1847, Öl

Johan Christian Dahl als Lehrer

Neben seinem Schaffen als Künstler prägte Dahl auch die nächste Generation von Malern. Sein Unterricht war stark antiakademisch geprägt, und er förderte die direkte Naturbeobachtung. Er ermutigte seine Schüler, ihre eigene künstlerische Sprache zu entwickeln und sich von starren Lehrmethoden zu lösen.

Dahl ermunterte seine Schüler
zu eigener künstlerischer Individualität

Thomas Fearnley (1802–1842), ein Schüler Dahls, schuf das beeindruckende Gemälde Im Elbsandsteingebirge, in dem ein mächtiger Felsen die Bildfläche dominiert. Die präzise Darstellung der geologischen Strukturen und das harmonische Spiel von Licht und Schatten zeigen den starken Einfluss seines Lehrers. Fearnley kombinierte Dahls Liebe zur Natur mit der romantischen Stimmung Friedrichs und schuf eine erhabene, aber zugleich zugängliche Darstellung der Landschaft.

Thomas Fearnley (1802 Fredrikshald – München 1842): Im Elbsandsteingebirge, um 1830, Öl

Thomas Fearnley (1802 Fredrikshald – München 1842): Im Elbsandsteingebirge, um 1830, Öl

Karl Christian Sparmanns (1805–1864), Mondscheinlandschaft zeigt eine poetische Abendstimmung, in der Tag und Nacht aufeinandertreffen. Ein Bach reflektiert das Licht einer Mondsichel, während die umgebenden Bäume noch vom letzten Licht des Tages erleuchtet sind. Die genaue Naturbeobachtung erinnert stark an Dahl, während die romantische Stimmung auf Friedrichs Einfluss zurückzuführen ist.

Karl Christian Sparmann (1805 Hintermauer (Meißen) – Dresden 1864): Mondscheinlandschaft, 1834, Öl

Karl Christian Sparmann (1805 Hintermauer (Meißen) – Dresden 1864): Mondscheinlandschaft, 1834, Öl

Luft und Wasser schmelzen ineinander

Das Gemälde Sächsische Landschaft mit See und Hütte von Ernst Ferdinand Oehme (1797–1855) verbindet ebenfalls Friedrichs lyrische Stimmungsbilder mit Dahls naturgetreuen Detailgenauigkeit Dahls.
Eine einsame Hütte steht am Ufer eines Sees, der im Morgenlicht erstrahlt. Die Hirsche, die am Wasser verweilen, die glatte Seeoberfläche und die ruhige Naturstimmung zeugen von der poetischen Ausdruckskraft Oehmes, die sowohl Friedrichs Einfluss als auch Dahls Naturverständnis widerspiegelt.

Ernst Ferdinand Oehme (1797 Dresden – 1855): Sächsische Landschaft mit See und Hütte, 1839, Öl

Ernst Ferdinand Oehme (1797 Dresden – 1855): Sächsische Landschaft mit See und Hütte, 1839, Öl

4. Von Moll zu Dur

Sehnsuchtsland Italien

Sehnsuchtsort deutscher Maler

Im 19. Jahrhundert erfasste die „Sehnsucht nach Italien“ eine ganze Generation von Künstlern. Das Land, das Friedrich nie besucht hatte, wurde nun zunehmend zum Ziel für Dresdner Akademieschüler, die sich von der heimischen Umgebung nicht mehr ausreichend inspiriert fühlten. Das südliche Land, in der Vorstellung idealisiert als Ort der Freiheit und künstlerischen Erneuerung, gewann in Dresden stark an Bedeutung. Viele junge Maler machten sich auf den Weg nach Italien, um dort neue Impulse zu gewinnen. Oft kehrten sie mit frischen Ideen zurück, die sie weg von der strengen akademischen Tradition hin zu einer naturalistischen, detailgetreuen Naturdarstellung führten.

Heinrich Franz Dreber (1822 Dresden – Anticoli di Campagna 1875): Im Wald, um 1838, Bleistift

Heinrich Franz Dreber (1822 Dresden – Anticoli di Campagna 1875): Im Wald, um 1838, Bleistift

Heinrich Dreber (1822–1875), einer der talentiertesten Schüler des Künstlers Ludwig Richter, verkörperte diesen Wandel meisterhaft. In seinem Werk Im Wald zeigt sich eine tiefe Verbindung zur Landschaftsdarstellung. Das Bild fängt einen dichten, mystischen Wald bei Olevano ein, einem Sehnsuchtsort für viele deutsche Künstler. Dreber beherrscht das Spiel von Licht und Schatten, wodurch er eine stimmungsvolle Szenerie erschafft, die die Natur als ruhiges, fast heiliges Refugium darstellt. Schraffuren und subtile Bleistiftführung betonen die Struktur des Waldes, während die Blätter der Bäume und die feinen Details der Landschaft liebevoll ausgearbeitet sind. Der Übergang von skizzenhaft angedeuteten Bereichen zu präzise gezeichneten Teilen verleiht dem Werk eine besondere Dynamik, die Drebers Sinn für Komposition und seine romantische Naturauffassung verdeutlichen.

Auf der Suche von einer Entdeckung
zur nächsten

Carl Robert Kummer (1810–1889), ein ebenfalls in Dresden ausgebildeter Künstler, führte die Landschaftsmalerei auf eine ganz andere Weise fort. Als ruheloser Entdecker war er unaufhaltsam unterwegs in unbekannte Regionen. In seinem Werk Landschaft in Dalmatien fängt Kummer die raue, karge Schönheit der dalmatinischen Küste ein. Die ungezähmte Weite und Einsamkeit der Landschaft sind spürbar, zudem wird die karge Natur der Region durch die sparsame Vegetation betont.

Carl Robert Kummer (1810 Dresden – 1889 ebd.), Landschaft in Dalmatien, um 1847, Öl

Carl Robert Kummer (1810 Dresden – 1889 ebd.), Landschaft in Dalmatien, um 1847, Öl

Während Friedrich mit seiner symbolischen Landschaftskunst die Romantik prägte, führte die nachfolgende Generation, zu der auch Dreber und Kummer gehörten, die Landschaftsmalerei in eine neue Richtung. Sie verfolgten die Naturdarstellung mit einer genauen Beobachtung und einer intensiven Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung, wobei sie die emotionalen und atmosphärischen Qualitäten der Landschaft ins Zentrum ihrer Kunst stellten.

5. Das »Charakteristische«

Bildniskunst in der Romantik

In der Romantik war die Landschaftsmalerei besonders prägend, doch auch andere Gattungen wie das Porträt hatten eine bedeutende Rolle, besonders in Dresden. Hier etablierten Anton Raphael Mengs und Anton Graff im 18. Jahrhundert das Porträt als feste Gattung. Im Klassizismus wurde die zeitlose Schönheit gesucht, in der Romantik hingegen stand die erfasste Essenz eines Menschen im Mittelpunkt.

"Charakter richtig auffassen, aber von irdischen Mängeln reinigen, ist der Endzweck eines Bildnisses" – Friedrich Overbeck

Die Romantik erweiterte das klassische Bildnis um eine neue Dimension: das „Charakteristische“. Der Anspruch, das Charakteristische eines Individuums darzustellen, bedeutete, dass das Porträt von der reinen Ähnlichkeit zu einer Verdichtung des Wesens der Person überging. So betonte Friedrich Overbeck 1811, das Ziel eines Porträts sei es, den Charakter richtig zu erfassen und von „irdischen Mängeln zu reinigen“.

Gustav Adolph Hennig (1797 Dresden – Leipzig 1869): Porträt des Leipziger Advokaten Johann Friedrich Pudor, 1826, Öl auf Leinwand

Gustav Adolph Hennig (1797 Dresden – Leipzig 1869): Porträt des Leipziger Advokaten Johann Friedrich Pudor, 1826, Öl auf Leinwand

Ein Bildnis, in dem charakteristische Individualität und standesgemäße Repräsentation
einander begegnen

Diese Abkehr vom Ideal des Klassizismus lässt sich auch bei Künstlern wie Moritz Retzsch und Gustav Adolph Hennig (1797–1869) erkennen, die in ihren Bildnissen die Individualität und den inneren Ausdruck betonten. Hennig, der nach einem Italienaufenthalt 1826 nach Leipzig zurückkehrte, schuf Porträts, die das bürgerliche Selbstbewusstsein widerspiegelten. In seinem Bildnis eines Leipziger Advokaten zeigt sich dies in der ernsthaften, aber würdevollen Haltung des Dargestellten, der mit plastisch ausgearbeitetem Gesicht und einer sorgfältig komponierten Farbpalette dargestellt wird.

Traugott Leberecht Pochmann (1762 Dresden – 1830): Selbstbildnis, um 1785, Bleistift auf Papier

Traugott Leberecht Pochmann (1762 Dresden – 1830): Selbstbildnis, um 1785, Bleistift auf Papier

Ein weiteres Beispiel ist Traugott Leberecht Pochmann (1762–1830), ein Schüler Graffs, der um 1800 in Dresden tätig war. Sein Selbstbildnis vermittelt eine aufmerksame und skeptische Haltung, typisch für die vom Sturm und Drang beeinflusste Künstlergeneration. Das Brustbild vor neutralem Hintergrund zeigt Pochmann in einer schlichten Pose, der Fokus liegt ganz auf dem ausdrucksstarken Gesicht und dem individuellen Charakter des Dargestellten.

Anonym (19. Jahrhundert): Porträt des Heinrich Dreber (1822–1875), um 1838, Öl auf Leinwand

Anonym (19. Jahrhundert): Porträt des Heinrich Dreber (1822–1875), um 1838, Öl auf Leinwand

Ein romantisches Porträt von anonymer Hand mit historischem Bezug stellt das Bild des jungen Heinrich Dreber dar, das vermutlich anlässlich seines Abschieds aus Dresden entstand. In Anlehnung an die altdeutsche Tracht und mit lockigem Haar gibt dieses Bildnis den jugendlichen Enthusiasmus eines Künstlers wieder, der in der Romantik seine Inspiration suchte, später jedoch durch seine Landschaftsbilder berühmt wurde.

AUSKLANG Wo alles endet, aber nichts aufhört

Der Wandel der romantischen Landschaftsmalerei in Dresden

Als Heinrich Dreber 1843 nach Italien aufbrach, war Caspar David Friedrichs Erbe bereits im kulturellen Gedächtnis verankert. Sein Tod er starb in Dresden drei Jahre zuvor schloss zwar ein Kapitel, doch die Dresdner Romantik hatte sich weiterentwickelt – von der inneren Seelenlandschaft Friedrichs bis hin zur naturgetreuen Wiedergabe bei Johan Christian Dahl und seinen Schülern.

Friedrichs Bildsprache, die das Unsichtbare und Emotionale in der Natur suchte, steht im Kontrast zu Dahls direkter, naturgetreuer Herangehensweise. Dieser Wandel spiegelt die Vielfalt der romantischen Strömungen wider und zeigt, wie die Künstler der nächsten Generation neue Perspektiven erkundeten und die Landschaftsmalerei weiterführten.

Die Dresdner Romantik endete nicht mit Friedrichs Tod. Vielmehr öffnete sich ein weiteres Kapitel in der Landschaftsmalerei, in dem Licht und Farbe, Realismus und Romantik miteinander verschmolzen. Das Streben nach dem Erhabenen, dem Geheimnisvollen und dem Natürlichen lebt weiter, in den Werken jener, die Friedrichs Geist als Inspiration mit auf ihren eigenen Weg nahmen.

© Frankfurt am Main 2024

Friedrichs Freunde-Story von H. W. Fichter Kunsthandel
basiert auf der Katalogpublikation
"Friedrichs Freunde. Romantik in Dresden"
geschrieben von Peter Prange
Konzept: Anna Toepffer

www.fichterart.de

Arndtstr. 49 | 60325 Frankfurt/Main
Tel. +49-(0)69-74 38 90 30 | info@fichterart.de

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